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Mit seinem Vorschlag zu einem verpflichtenden, sozialen Jahre im Ruhestand hat Ökonom Marcel Fratzscher einen Nerv getroffen – und zwar einen empfindlichen. Vor allem die Generation der Babyboomer, also jene, die demnächst in Rente gehen, fühlt sich brüskiert. Der Tenor: Wir haben schließlich jahrzehntelang hart gearbeitet, den Wohlstand aufgebaut – und jetzt sollen wir auch noch etwas zurückgeben?

Dabei lohnt sich ein genauerer Blick. Ja, die Boomer haben viel geleistet: wirtschaftliches Wachstum, technologischer Fortschritt, volle Innenstädte. Doch sie hinterlassen auch einen beispiellosen ökologischen Fußabdruck, ein überlastetes Rentensystem und eine Gesellschaft, in der immer weniger Berufstätige, immer mehr Ruheständler finanzieren müssen.

Gerade deshalb wirkt der Reflex der Empörung überzogen. Denn Fratzschers Vorschlag zielt nicht auf Strafe, sondern auf Sinnstiftung: Viele Rentner fallen nach dem Berufsleben in ein emotionales Vakuum. Warum also nicht soziale oder ökologische Projekte fördern, die dem Einzelnen und der Gesellschaft nutzen?

Dass die Debatte so emotional geführt wird, zeigt, wie unangenehm es geworden ist, über Verantwortung im Alter zu sprechen – vor allem, wenn sie über das eigene Konto hinausreicht. Dabei braucht es mehr als Applaus für Lebensleistung. Wer die Solidarität der Jungen einfordert, muss auch bereit sein, selbst etwas beizutragen.

Und vielleicht darf man am Rande auch die Frage stellen, ob monatliche Luxusrenten in Managerhöhe in einem System, das zunehmend aus dem Gleichgewicht gerät, noch zeitgemäß sind.

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